Hallo zusammen,


Hier bin ich schon wieder! Mittlerweile haben wir uns hier ziemlich gut eingelebt. Unser Zimmer ist fertig eingerichtet, im Dorf kennen wir uns (mehr oder weniger) aus und unseren Alltag haben wir auch gefunden. Jetzt sind wir schon fast 2 Monate hier! Die Zeit vergeht wie im Flug und mein letzter Blogeintrag ist auch schon ewig her… Und es ist schon wieder viel passiert.

Kindergarten

Im Kindergarten kommen wir jetzt schon gut zurecht, kennen die Namen und haben den Wortschatz, den man hierfür braucht. Die Sprache macht es uns auf jeden Fall um einiges leichter, als ´professora´ hier zu arbeiten und zu helfen, und nicht nur als ´Spieletante´, die nichts versteht, da zu sein. Die Hälfte unserer Zeit dort helfen wir beim Ausschneiden, Vorzeichnen und Herrichten der tareas (Aufgaben), die die Kinder zu erledigen haben. Die Professorinnen hier geben sich dafür echt wahnsinnige Arbeit. Hier gibt es keine Arbeitshefte, so wie wir sie, voll mit Aufgaben und Texten, kennen. Hier malt die Kindergärtnerin jede einzelne Seite selbst. Sie zeichnet die Buchstaben und Zahlen vor, die die Kinder lernen müssen, und malt die Bilder, die dann ausgemalt werden. Ihr könnt euch bestimmt vorstellen, wie viel Arbeit das bedeutet! Neben dieser Aufgabe helfen wir unseren ´ayudantes´ (Helferinnen), das Frühstück zu bereiten. Die Kinder bekommen täglich frisches Brot, oft eine Banane und Api (typisches dickflüssiges Getränk mit Weizen). Dann muss natürlich aufgepasst werden, dass die Kinder ihre Hände waschen, alles aufessen, nicht nur rumspielen, und natürlich nichts verschütten (was wirklich täglich passiert…).

Naja – zwar fesch ausgestattet aber der Blick ist schon sehr hilflos….

Letzte Woche wurden hier Bilder für den „promito“ geschossen. Die Kinder der Vorschulklasse bekommen Hüte und Umhänge aufgesetzt, wie man sie aus den Proms der Highschools in den USA kennt. Somit wird hier sozusagen der Abschluss des Kindergartens gefeiert. Meiner Meinung nach ist das alles ein bisschen übertrieben. Die Kinder wussten absolut nichts damit anzufangen und haben deshalb eher verzweifelt als lächelnd in die Kamera geschielt. Trotz allem haben alle in den Outfits super süß ausgesehen; vor allem, da die Mädels wieder ihre hübschen, weißen Brautkleider ausgepackt haben, und die Jungs im Anzug kamen. In der kommenden Woche werden ich und Amelie wahrscheinlich die Gruppen tauschen, damit jede einmal mit den Größeren gearbeitet hat. Somit kennen wir die schon, die nächstes Jahr dann im Collegio sind und in unserem Englischunterricht sitzen.

 

Hola Evo – oder auch nicht!

Gestern fanden hier in Bolivien Präsidentschaftswahlen statt. Hier in Independencia hat sich zum Glück alles recht ruhig verhalten. Aus Cochabamba und ganz Bolivien jedoch haben wir fast täglich Berichte erhalten von Sperrungen, Blockaden, Skandalen und Demonstrationen. Es standen 9 Präsidenten zur Auswahl. Darunter der altbekannte Präsident Evo Morales, der seit ganzen 15 Jahren an der Macht sitzt. Es war eigentlich vorauszusehen, dass auch heute die Wahlen nicht anders ausgehen werden und Evo wieder an die Macht kommen wird. Jedoch wurde hier jeder überrascht. Ein zweiter Kandidat hat ebenfalls ziemlich viele Stimmen erhalten. Da der Unterschied des Wahlanteils so gering war, kommt es im Dezember zu einer Stichwahl zwischen diesen zwei Gegnern. Da kann man in den kommenden Wochen aber nochmal spontane Veraenderungen und Skandale erwarten. Da sind wir auf jeden Fall noch gespannt.

Die Wahlen laufen hier ähnlich wie in Deutschland ab. Es gibt Wahlzettel, Wahlkabinen… Jedoch muss hier jeder wählen. Jemandem, der nicht wählen geht, drohen bis zu 3 Jahren Gefängnisstrafe. Auch muss hier jeder in die Stadt reisen, in der er eingeschrieben ist. Mit Briefwahl geht hier noch nichts. Bis das am anderen Ende der Welt angekommen ist, dauert es wahrscheinlich noch ein halbes Jahrhundert:)

Leider durften wir an diesem Tag die Stadt nicht besuchen, da es laut einigen Schwestern zu gefährlich für uns ´Weiße´ wäre. Da wird man eben leicht mal für einen Spion oder Ähnliches gehalten. Und in Bolivien ist ja altbekannt, dass hier jeder seehr schnell im Gefängnis landen kann – egal ob schuldig oder nicht. Naja, da wollten wir auf keinen Fall zu viel wagen. Wir haben dann hier im Zentrum gespannt auf die Berichte der Bolivianer hier gewartet.

Freies Wochenende

Das ganz Spektakel der Wahlen hieß für uns, dass das Wochenende wieder ruhig verlaufen ist. Die Kinder hatten ab Donnerstag frei, da viele der Eltern auf Reisen gehen mussten, um in ihrem eingeschriebenem Ort zu wählen. Viele haben hierzu eben ihre Kinder mitgenommen. Auch 2 der 3 Schwestern aus dem Centro mussten sich auf den Weg nach Cochabamba machen. Hier war also absolut nichts los. Wir haben die Chance genutzt, ein bisschen unser Zimmer zu putzen (das war schon bitter nötig!), unsere Küche einzuweihen und einen Kuchen zu backen, Recherchen für unseren Urlaub zu erledigen, und einen Berg in der Nähe zu besteigen.

Inde von oben – wunderhübsch eingebettet in den Anden

Samt Wanderschuhe und Proviant haben wir uns am Samstag bei perfektem Wetter auf den Weg gemacht. Da stand der Himmel wirklich auf unserer Seite! Momentan kann man nämlich nie wissen, ob es in 5 Minuten anfängt zu schütten, oder ob man lieber Sonnencreme auftragen soll. Das wechselt hier im 10-Minuten-takt. Dafür fängt jetzt aber hier alles an, so schön zu blühen. Und das Independencia, das wir noch vor 5 Wochen hatten, hat sich in eine reine Blumenpracht entfaltet. Das ist super schön! Auf jeden Fall haben wir uns auf den Weg gemacht – ausgestattet mit Kokatee und Traubenzucker (man weiß ja nie, was unser Kreislauf auf 3000 Meter so treibt). Aber keine Sorge, uns gings prima und wir haben viel Spaß gehabt. Die Aussicht auf ganz Independencia war gigantisch.

Ausgestattet waren wir außerdem immer mit einem Stock in unserer Hand. Man kann nie ahnen, ob nicht plötzlich ein Puma aus dem Gebüsch kommt, ein tollwütiger Hund uns anspringt, oder eine Schlange auf uns zukriecht. Aber auch hier hatten wir Glück und es ist überhaupt nichts passiert. Wir haben nun vor, öfter solche Wanderungen zu unternehmen, da wir uns auf jeden Fall für Ausflugstouren auf mehreren Höhenmetern vorbereiten müssen. Allein La Paz (quasi Hauptstadt) liegt auf 4000 Metern und ist umgeben von wunderschönen Naturparks auf 5000 Metern oder mehr. Und Wanderungen wollen wir dort auf jeden Fall in Angriff nehmen. Also schadet es auf keinen Fall, hier in Independencia ein bisschen Sport zu treiben und an unserer Ausdauer in der Höhe zu arbeiten.

 

Abenteuer pur!

Letztes Wochenende mussten wir noch einmal nach Cochabamba reisen… Obwohl wir unser Visum mittlerweile haben, reicht das den Bolivianern anscheinend noch nicht. Jetzt müssen wir den carnet extranjero beantragen. Das entspricht ungefähr dem Personalausweis in Deutschland. Die Regierung in Bolivien sucht anscheinend wirklich jeden Weg, um Geld einzunehmen und Gewinn zu machen. Der ganz Spaß hat uns auf jeden Fall schon einiges gekostet… Aber so hatten wir noch ein schönes Wochenende in Cochabamba – auch wenn es dort unerträglich heiß ist.

Bekanntschaft mit einem coolen Typ auf dem Weg nach Cocha

Das Beste hat gleich auf der Fahrt begonnen. Wir durften auf der Ladefläche mitfahren! Das bedeutet: 7 Stunden im Freien, eine super 360°-Aussicht, Sonnenbrand sogar auf den Fingern, fliegende Haare im Wind, Beulen am ganzen Kopf wegen des buckeligen Weges und einer Stange der Ladefläche…, eine Staubschicht von ungefähr einem Zentimeter, tausend tolle Schnappschüsse und auf jeden Fall eine Menge Spaß. Eine Zeit lang ist ein Bolivianer mit aufgesprungen, mit dem wir uns super unterhalten haben. Genauso wurden wir während der ganzen Fahrt von Landsleuten, die mit ihren Eseln und Schafsherden unterwegs waren, überaus freundlich gegrüßt – soweit man das unter dem Lärm vom Motor gehört hat. Auch hier hatten wir echtes Glück mit dem Wetter. Wir waren ausgestattet mit wärmsten Pullis, Regenjacken, und haufenweise Decken (im Hochland über 4000 Meter kann es schon wirklich kalt werden…). Aber während der ganzen Fahrt gab es kein einziges Tröpfchen Regen und die Sonne verschwand zum Glück auch hin und wieder hinter den Wolken (auf dieser Höhe für 7 Stunden in der prallen Sonne ist nicht wirklich angenehm). Hier habe ich noch ein paar Fotos unserer Fahrt:

Schafsherde vor dem Ausblick auf Cochabamba

 

Das Hochland auf 4000 Metern

 

Die Landschaft der Anden ist auf jeden Fall immer beeindruckend!

 

Angekommen in Cocha!!

 

Juhu Handwäsche

Auch mit der Handwäsche haben wir uns mittlerweile gut angefreundet. Den Kindern hat es riesigen Spaß gemacht, uns zu zeigen, wie man am Besten seine Wäsche wäscht. Mittlerweile kennen wir die ganzen Tricks und Tipps, sodass die Wäsche fast immer ganz sauber wird. Auch wenn das Waschen echt anstrengend ist, haben wir trotzdem immer unseren Spaß dabei.

Unsere Wäscheleine – im Hintergrund das Haus St. Elisabeth mit den Zimmer der Mädchen

Naja, unsere Finger und unser Rücken feiern das Waschen eher weniger. Man merkt doch, dass die Bolivianer generell durchschnittlich um 2 Köpfe kleiner sind als ich und die Waschbecken dementsprechend tief gebaut sind… Auch bolivianische Hände sind für das Waschen wohl eher geeignet. Meine Finger waren an den Knöcheln wund und blutig… Aber daran werden sie sich schon noch gewöhnen, bzw. bleibt uns ja absolut nichts anderes übrig. Erstaunlich ist auch, wie schnell die Wäsche draußen trocknet. Innerhalb von 3 Stunden ist selbst die dickste Hose trocken. Die Sonneneinstrahlung hier ist doch um einiges höher, als man immer denkt. Das haben wir mittlerweile schon oft genug erfahren. Sobald wir länger als eine Stunde draußen in der Sonne sind, ähneln unsere Arme einer Tomate. Aber die Wäsche freut sich!

 

 

Pacha Mancha

Darunter kann sich wahrscheinlich keiner etwas vorstellen. Auch wir haben am Anfang etwas blöd aus der Wäsche geguckt, als man uns erzählt hat, wir kochen heute unter der Erde. Aber wir haben einfach mal mitgemacht und wurden auf jeden Fall positiv überrascht!

Zuerst haben wir ein riesiges Loch gebuddelt und Holz herbeigetragen. Nachdem ungefähr eine Stunde gebuddelt wurde, war das Loch endlich groß genug. Wir haben dann begonnen, das Holz so über das Loch zu schlichten, dass ein richtiger Scheiterhaufen entstanden ist. Darunter war ein Hohlraum, der sich so erhitzen konnte. Zwischen dem Holz haben wir

Das Feuer wird geschürt – wir sind schon gespannt!

Steinplatten platziert. So wurden sie richtig schön heiß und wir hatten später eine super Grundlage für das Essen im Boden (wie eine Herdplatte). Dann haben wir gewartet bis das Holz abbrennt und im Loch in sich zusammenstürzt. Währenddessen war ein Sicherheitsabstand nötig, da es die Steinplatten reihenweise zersprengt hat. Auf jeden Fall hatten wir jetzt mit der Asche und den Steinplatte eine schöne heiße Fläche im Loch. Darauf konnte nun das Essen gestapelt werden. Naja, gestapelt ist vielleicht übertrieben. Wir haben das Essen mehr oder weniger hineingeworfen – bis auf das Fleisch, das war in einer Alu-box. Obendrauf kam dann wieder die ganze Erde, sodass von unserem guten Essen eigentlich nichts mehr zu sehen war. Also mussten wir wieder warten. Nach 2 Stunden dann, haben wir das Loch wieder frei geschaufelt und das ganze Essen kam zum Vorschein. Das hat so gut und frisch gerochen, wie noch nichts, was ich vorher gegessen hatte. Auch die Kartoffeln, die in der Erde auf der Asche lagen, haben absolut nichts von den Kartoffeln gehabt, die man so aus der Küche kennt. Fragt mich nicht, nach was das genau geschmeckt hat. Es war einfach nur super und unbeschreiblich. Vor allem war es echt gemütlich, da alle um das Loch herumsaßen und unser Essen mit den Fingern ganz frisch aus der Erde holten, um es sofort zu verzehren. Auch die Bohnen, die wir dann frisch schälten, waren super lecker. Alles in allem war das auf jeden Fall ein Erlebnis, das man nicht so schnell vergessen kann, und das ich auch auf keinen Fall so schnell vergessen will!

Juhu – endlich, das Essen ist fertig und soo lecker

 

Die Bohnen frisch aus der Schale. Mhh!

Auch generell ist das Essen hier immer wieder eine Überraschung. Es gibt so viel Verschiedenes, dass es nie langweilig wird. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viele Gemüsearten es alles gibt. So oft wird irgendetwas aufgetischt, von dem wir keine geringste Ahnung haben, was das sein könnte. Aber (fast) alle entpuppt sich als sehr lecker. Einzig und allein das Brot hier schmeckt mir persönlich nicht. Wobei das auch vor allem das selbst gebackene Brot aus dem Internat ist, das hier so dünn ist, dass man fast nichts in der Hand hat. Zum Frühstück gibt’s bei uns deshalb meistens immer Kaba mit Haferflocken. Aber es macht überhaupt nichts, einmal ein bisschen weniger zu essen, da es eine Stunde später ja auch im Kindergarten ein zweites Frühstück gibt. Auch generell essen wir hier viel zu viel. Vor allem am Abend, wenn wir mit den Schwestern im Living zusammensitzen, wird immer aufgetischt. Das ist zwar immer super lecker, aber wir bereuen es fast jeden Abend im Bett, so viel gegessen zu haben. Naja, man ist ja nur für ein Jahr hier:)

 

 

Nächste Woche werden wir hoffentlich in der puerta abierta anfangen. Bis jetzt haben wir es nie geschafft dorthin zu gehen. Diese offene Türe hat nur viermal in der Woche geöffnet und wir waren so gut wie jede Woche in Cochabamba, mussten etwas im Internat helfen, oder die Schwester war nicht da, die uns dort einführen will. Aber jetzt sind wir auf jeden Fall gespannt!

Wir freuen uns auch schon riesig auf Todos Santos (Allerheiligen). Das soll in Independencia ausgiebig gefeiert werden. Außerdem kommen uns an diesem Wochenende Anna, Nadja und Marco, sowie unsere Mentorin Doris besuchen. Dann können wir ihnen endlich auch einmal unsere Einsatzstelle, bzw. generell Independencia zeigen! Das wird auf jeden Fall lustig.

Das alles werdet ihr dann in meinem nächsten Blog erfahren:)

Hier habe ich noch ein paar Bilder für euch. Die sagen ja bekanntlich mehr als tausend Worte!

Quillacollo – einer der großen Märkte in Cochabamba

 

Mutter & Kind – typisch bolivianisch im Outfit der Cholitas und dem Kleinen hinten drauf

 

Unsere Kleinsten des Zentrums

 

Hochzeitslook schon bei den Kleinsten

 

Ganz liebe Grüße aus Bolivien

Sophia